
Eli Cortiñas
über die Rolle von Liebe in ihrer Arbeit
Wir haben uns letzte Woche im Seminar bei mir unterhalten, da hatte ich eine Session gemacht über Liebe und wir haben uns über eine der größten Corporations, die wirklich die am meisten verkaufte AI-Companion App hat unterhalten und es ist wirklich ein erstaunlicher Fall, wie eigentlich diese KI entstanden ist. Die Gründerin von dieser Company hat dann ihren Freund verloren, den Freund, mit dem sie eigentlich diese Firma aufbauen wollte und dann hat sie einfach diese Gespräche so sehr vermisst, dass sie natürlich diese ganzen, sag ich mal, archäologischen, digitalen Spuren, die er hinterlassen hat, einfach kondensiert hat und eine Art KI, ein Modell eigentlich trainiert hat, was plötzlich dann zu diesem verlorenen, verstorbenen Freund geworden ist. Aber plötzlich ist natürlich diese App, diese AI-Companion App, tatsächlich eine Möglichkeit für viele Menschen geworden, die extrem vereinsam sind, auch eine Begleitung zu haben, Freundschaften zu entwickeln. Was aber dann tatsächlich stattgefunden hat, ist, dass als die Modelle anders trainiert werden mussten, weil sie sehr schnell natürlich dann auch eine sexuelle Komponente entwickelt hat und zum Teil natürlich auch pornografische Inhalte, weil das Modell wird ja trainiert mit dem ganzen Internet und wir wissen, was das ganze Internet halt ist, dann musste halt diese Firma zurückrudern und dann die Eingrenzen, womit die Modelle trainiert sind, dadurch haben sehr viele Leute plötzlich ihre PartnerInnen verloren. Und das war ein großer, das war ein unglaublicher Backlash. Da haben sich zum Teil auf Reddits Psychologen einfach dann zu Wort gemeldet, die hatten PatientInnen, die dann gedroht haben, sich das Leben zu nehmen, weil ihre AI-Companions einfach weg sind. Es gab auch einen ganz tollen Podcast, das nennt sich Blackbox, das sich gerade mit diesen neuen Technologien und unseren Verbindungen mit denen, unseren emotionalen Verbindungen mit denen, auch auseinandersetzt und da erzählt auch eine bestimmte Frau über ihre Erfahrung mit ihren AI-Companion und dann versucht sie das natürlich dann zu erklären. Sie sagt, ich bin eine highly educated woman, ich verstehe, dass das einfach kein richtiger Mensch ist, es ist mir ja klar – aber dann versucht sie das einfach durch diese Befreiung im Hirn von Oxytocin einfach zu begründen. Sie versucht eine chemische Reaktion, zu benutzen, um zu belegen, dass diese Gefühle, die sie fühlt, tatsächlich da sind. Aber das Ding ist ja nicht real. Also können die Gefühle, die sie fühlt real sein? Ich meine, nicht all diese Companions werden da benutzt, sage ich mal, in diesem Kontext von romantischer Liebe, aber sehr, sehr viele, extrem viele. Und dann, wenn wir einfach über Liebe sprechen, was ist eigentlich Liebe? Liebe ist natürlich nicht nur diese Dimension von zwei Menschen, zwei Individuen oder mehrere Individuen, die sich zueinander hingezogen fühlen und Gefühle füreinander entwickeln oder gleichgesinnte sind. Liebe ist natürlich auch Care, Liebe ist natürlich auch Community, Liebe ist auch Freundschaft. Liebe steckt ja natürlich in ganz anderen, ganz wichtigen Kontexten und Fabrics, die unseren Zusammenhalt oder unser Zusammen-Dasein in der Welt eigentlich auch ausmachen. Das heißt, Liebe ist ja nicht nur diese eine eingleisige Spur und diese Reziprozität, die man da findet, vielleicht in diesem romantischen Frame von diesen Companion AIs. Es ist eigentlich dann viel mehr. Es hat eine viel wichtigere Dimension über das Individuum hinaus. Das hat ja Bell Hooks dann auch immer gesagt, dass eine der unglaublichen Power von Liebe war, genau nicht nur das Individuum, sondern eine komplette Gesellschaft auch zu verändern und voranzutreiben.

Eli Cortiñas
über den Entstehungsprozess
Die Arbeit, die ich zeige, heißt »Not Gone with the Wind«, also »Vom Winde nicht verwirrt«. Und es handelt sich um eine Arbeit, die ich, das ist meine Pandemie-Arbeit sozusagen, also ich finde, wir haben alle irgendetwas sicherlich auch in der Zeit gemacht oder viel über viele Dinge natürlich auch nachgedacht, viel über die ganzen Kategorien und die Weltordnung auch nachgedacht in dieser sehr extremen Zeit. Und die Arbeit ist natürlich in dieser Zeit entstanden und entsprechend ist sie quasi eine Tochter von dieser Zeit. Vielleicht sollte ich damit beginnen, meine Praxis ein bisschen zu erklären. Ich arbeite mit Appropriierung von fremdem Material, hauptsächlich gefundenen Materialien unterschiedlicher Natur. Das sind zum Teil Archive, die ich kaufe, die ich erwerbe. Es sind aber auch angeeignete Materialien, die aus den, sage ich mal, aus unseren populären Kulturen kommen, aus unterschiedlichen Zirkulationen. Für mich ist es einfach wahnsinnig wichtig, dass die Materialien, die ich appropriiere, die ich nicht quasi erwerbe, wo ich die Lizenzen dafür nicht kaufe, dass das Materialien aus dem Mainstream sind. Das heißt, mir ist extrem wichtig, nicht nur, was die Bilder für einen Inhalt haben und eine Information geben, sondern unter welchen Bedingungen sie entstanden sind. Und bei Bedingungen meine ich Production Value, also Produktionsbedingungen ökonomischer Natur, geopolitischer Natur, aber auch natürlich so Zirkulation, diese Bilder und wie sie im Mainstream vielleicht etabliert werden, in die Kulturen vielleicht gelangen. Ich meine, zu demselben Zeitpunkt, als das hier stattfand, die Pandemie stattfand, hat sich plötzlich eine Diskussion entfacht über eine neue Erscheinung von einer, einfach eine Version von Wende Verweht, die jetzt eine Kommentarversion hatte. Also das heißt ein Kommentar, in dem man natürlich versucht hat zu erklären und zu kontextualisieren diesen offengelegten Rassismus des Filmes, auch diese freigelegte Verherrlichung der Sklaverei, die auch in diesem Film stattfindet und der US-Kriege. Und man hat natürlich sehr heiß darüber diskutiert, kann man eigentlich solche Materialien, solche Inhalte überhaupt weiterhin reproduzieren, perpetuieren sie nicht genau diese Violence, also diese Gewalt, die man versucht dann auch plötzlich durch einen Kommentar so anders zu mediieren. Oder bedeutet das tatsächlich auch dieses weiterhin so darauf reiten auf diese, sage ich mal, Konzepte von White Supremacy und von Kategorien von Menschen oder kaum Menschen oder nicht als Menschen anerkannten Menschen halt. Das hat natürlich dazu einen Zeitpunkt stattgefunden und das hat mich dazu gebracht, den Film nochmal anzuschauen, aber auch mir nochmal darüber Gedanken zu machen, was für eine Verantwortung haben wir auch mit Bildern. Und als eine Künstlerin, die natürlich Bilder aneignet, Bilder kauft, Bilder reproduziert und Bilder nochmal in unterschiedlichen Kontexten und mit unterschiedlichen, natürlich mit unterschiedlichen Narrativen versucht dann in Frage zu stellen, habe ich auch natürlich eine sehr große Verantwortung über diese Bilder, die ich übernehme. Und gleichzeitig natürlich fand auch das Morden von George Floyd und Breonna Taylor und sehr vielen afroamerikanischen Menschen in den US statt, die dann diese extreme Polizeigewalt erlebten und immer noch erleben. Das hat natürlich die Black Lives Matter Bewegung ins Leben gerufen. Man hat aber auch sehr viele Diskussionen hier in Deutschland und in Europa generell einfach dann verfolgt, wo es plötzlich in Medien, aber auch den Menschen und in der Gesellschaft, man sich darüber unterhält, wie unglaublich rassistisch die US sei, als sei Rassismus nicht auch ein inhärentes Problem unserer Gesellschaften. Und insbesondere in Deutschland war es für mich schon verblüffend, wie unglaublich naiv und wie unglaublich, ja wie wenig eigentlich Eigenverantwortung gegenüber der eigenen Kolonialgeschichte irgendwie da gegeben hat und wie man einfach dieses Rassismusproblem unbedingt in die US schieben wollte.